Re: Nymphensittiche USA /Schädliche Pflanzen
[ Das Sittichfreunde-Forum von Sittiche Online ] Geschrieben von Silke am 15. Juni 1999 at 14:33:21:
Als Antwort auf: Re: Nymphensittiche USA /Schädliche Pflanzen geschrieben von Daisy am 13. Juni 1999 at 00:29:30:
Hi Anke, hi Daisy,
zunächst erst einmal: eine deutsche Liste in der Form gibt es m. W. nicht, jedoch kann ich Dir eine URL geben, die zu einer veterinärmedizinischen Datenbank führt, dort kannst Du nach verschiedenen Pflanzen suchen. Ich weiß aber nicht, inwieweit sie wirklich vollständig ist... http://www.vetpharm.unizh.ch/giftdb/giftf.htm
Nun zur Handaufzucht und deren Auswirkungen... Anke hat nicht unrecht, wenn sie feststellt, daß diese Unsitte - ich teile ihre Auffassung darin voll uns ganz - zu einer Veränderung des natürlichen Verhaltens der Vögel führt. Daß diese Veränderung darin gipfelt (nicht bei jedem Vogel allerdings sind diese Folgen gleich stark ausgeprägt), daß sie ihre Artgenossen icht akzeptieren und sich abwenden sowie, daß sie in eine starke Identitätskrise fallen und sich oftmals selbst verstümmeln, ist unbestreitbar und wird auch Dir, liebe Daisy von jedem Experten, z. B. Rosemary Low, die kurioserweise sogar Anleitungen zur Handaufzucht vermittelt (ja, manche Dinge sind einfach widersprüchlich) bestätigt werden.
Aber, wie Du auch selbst feststellst, nicht jeder Vogel reagiert nach einer Handaufzucht gleichermaßen und die Umstände der Aufzucht (Nähe von Geschwistern etc.) spielen dabei eine große Rolle.
Aber, das Thema ist eigentlich noch komplexer, als Du hier angesprochen hast: Fakt ist, jeder Vogel, der als Jungtier in seiner Nestlingszeit ungewöhnliche, artuntypische Dinge erlebt hat, die seine Prägung beeinflußten, verändert seine natürliche Verhaltensweise und dies kann enorme Konsequenzen haben. So kann es zum einen sein, daß der frisch verpaarte Vogel zur Brut schreiten will, aber keine Ahnung hat von seinen - naturgegebenen - Pflichten. Es gibt viele Hähne, die sich zwar verpaaren (das steuert noch der Instinkt und die hormonelle Steuerung), sich dann aber um Gelege und Jungvögel gar nicht kümmern, ja in diesen u. U. sogar Eindringlinge sehen und sie angreifen. Manche stören auch das brütende Weibchen, weil sie sich langweilen oder wollen sich gar fortwährend weiterpaaren, worauf die brütende Henne dann mitunter schon zornig reagiert.
Bei handaufgezogenen Hennen ist dieses Problem, sofern sie einen arteigenen Partner akzeptieren, nicht so groß, da der Bruttrieb instinktgesteuert ist, so daß sie auf jeden Fall das Gelege bebrüten. Mitunter gibt es auch Probleme bei der Fütterung der Jungen, aber das ist eigentlich selten.
In der Natur wären solche Brutpaare in ihrer Vermehrung erfolglos, weil das unbewachte Gelege ausgeräubert würde (Partner übernimmt normalerweise den Nestschutz) oder weil das Weibchen allein die Jungen nicht alle durchbringen würde, wenn der Hahn nicht füttert. Auch die restlichen wären sicherlich ungewöhnlich schwach und anfällig. Die Natur würde dieses Fehlverhalten also bekämpfen, indem sie die nicht verhaltenstreuen Tiere so selektiert.
Der Mensch aber läßt selbst die verhaltensgestörtesten Tiere brüten und greift sogar selbst noch in das Brutgeschehen ein, dessen Gipfel die Handaufzucht ab Ei ist, welches dann im Normalfall die von Anke beschriebenen, völlig verhaltensgestörten Vögel hervorbringt, die normalerweise keine Beziehung zu den Artgenossen aufbauen können, da ihnen die Grundlagen der arteigenen Kommunikation und Verhaltensweisen gänzlich "abhandengekommen" sind.
Ihr seht also, diese Sache hat viele Graustufen und das Problem ist mitunter so latent, daß es gar nicht jeder Halter bemerkt, denn nicht jeder Halter züchtet und nicht jedes Zuchtpaar zeigt diese Veränderungen im gleichen Maße und auch die Tiere müssen sich nicht in der Form, wie sie die Natur erfordert, behaupten.
Gruß, Silke.